Ramin Mohammadi. , Start-Up Gründer der Teppichfirma Teppana Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services
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Nachhaltig und made in Germany: Auf diese Weise will ein Hamburger Start-up zu Europas führendem Teppichhändler werden.
Hamburg. Gleich neben dem Flughafen, vorbei an Autohäusern und Industriegebäuden, liegt er. Ramin Mohammadis Traum. Was einst als Lagerstätte für die handgeknüpften Perserteppiche seines Vaters, Djavad Mohammadi diente, ist nun größtenteils Büro und Produktionsstätte für Teppana. So steht es in weißen Buchstaben auf einem ovalen blauen Schild an dem unscheinbaren 1970er-Jahre-Flachbau in Fuhlsbüttel.
„Auf keinen Fall solltest du das machen!“, habe Ramins Vater zu ihm gesagt, als er ihm von seiner Idee erzählte, ein Start-up für Teppiche zu gründen. „Bloß nichts mit Teppichen!“, habe er gesagt. Auch seine Mutter und sein Onkel hätten ihm davon abgeraten. Und das, obwohl die Familie bereits seit mehr als 100 Jahren selbst mit Teppichen handelt.
„Ich liebe Teppiche“, sagt Djavad Mohammadi, der seit knapp vierzig Jahren einen Teppichvertrieb in Hamburg hat und ursprünglich aus dem Iran stammt. Der 61 Jahre alte Hamburger kam infolge der iranischen Revolution 1979 mit seiner Frau nach Deutschland und blieb. „Teppiche sind mein Leben“, sagt Djavad. So sei es auch bereits bei seinem Vater und dessen Vater gewesen. „Aber wenn ich mir anschaue, wie wenig den jüngeren Generationen ihr Bodenbelag wert ist, dann habe ich da einfach keine Zukunft für Ramin gesehen.“ Bis Ende der 1990er-Jahre sei noch alles gut gewesen, doch seit Anfang der 2000er, als die ersten Onlineshops aufkamen und damit günstige Teppiche aus Asien den Markt überschwemmten, sei es kontinuierlich bergab gegangen.
Doch das weiß auch Ramin Mohammadi, der sich trotz des familiären Gegenwinds vor gut zwei Jahren, mitten in der Corona-Pandemie mit einem Online-Teppichhandel selbstständig gemacht hat (www.teppana.de). „Mir war natürlich klar, dass die Nachfrage nach handgeknüpften Orientteppichen Tag für Tag sinkt.“ Deshalb habe sich der damals 26-Jährige etwas überlegt, das bis dato niemand angeboten hat, wie er sagt: Einen waschbaren Teppich, der in Deutschland hergestellt wird, und der nachhaltig und erschwinglich ist. „Ich weiß, es klingt denkbar einfach. Doch abgesehen von kleinen Teppichen, die man aufgrund ihrer Größe einfach in die eigene Waschmaschine stecken kann, gab es in ganz Europa keinen einzigen Händler, der das angeboten hat.“
Und tatsächlich, der 28-jährige Hamburger scheint mit seiner Idee einen Nerv getroffen zu haben: Wirft man einen Blick in das Produktionswerk in Fuhlsbüttel, stapeln sich hier aktuell über 1000 Teppiche in allen erdenklichen Formen und Farben in knapp sieben Metern Höhe. Daneben tausende Kartons, hunderte Rollen Rutschmatten sowie unzählige Rollen „Rohmaterial“, wie Ramin Mohammadi die recycelten Kunstfasern nennt, aus denen er die Teppiche fertigt. „Wir produzieren hier nur Teppiche, die auch bestellt sind“, so der Gründer. Dies sei zum einen nachhaltiger, aber auch wirtschaftlicher als auf Vorrat zu produzieren.
Binnen der vergangenen zwei Jahre habe Teppana auf diese Weise bereits eine mittlere fünfstellige Zahl an Teppichen verkauft. Von der Bestellung bis zur Lieferung dauere es im Durchschnitt ein bis zwei Wochen. Auch in den Niederlanden ist Teppana bereits mit einem Onlineshop vertreten. Die Expansion nach Frankreich ist bereits für nächstes Jahr geplant. Preislich liegen die Teppiche zwischen 79 bis 700 Euro. Ein mittelgroßer Teppich von zwei Meter mal zwei Meter Größe kostet etwa 380 Euro.
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Damit die Teppiche waschbar sind, dafür sorgt ein zweischichtiges System: Neben einer Oberschicht aus Kunstfasern, die sich abnehmen und bei 30 Grad waschen lässt, bestehen Ramin Mohammadis Teppiche aus einer Rutschmatte als Grundlage. „Zwar sind unsere Teppiche nicht aus Wolle. Doch deshalb sind sie auch für Personen mit Haustieren und Allergiker geeignet.“
Neben zwei Näherinnen, die an diesem Donnerstagnachmittag die Teppiche händisch umketteln und so die Kanten der Teppiche umnähen, laufen mehrere Männer zwischen den zwei Produktionsräumen und der Lagerhalle hin und her. Sie tragen Faserrollen von links nach rechts und verpacken Teppiche in längliche Kartons. „Asche Quarz“ verkaufe sich am besten, erzählt Lagermeister Hamit Zalim und hält dabei einen steingrauen melierten Teppich hoch. Aber auch „Persisch Smaragd“ und „Soraya Labra“, ein knallblaues Modell mit bunten Ornamenten und Fischen, liefen gut.
„Viele unserer Designs habe ich mir aus der Produktion meines Vaters abgeschaut, aber mittlerweile arbeiten bei uns drei Grafikdesignerinnen, die sich um die Kreation eigener Muster und Farben unserer Teppiche kümmern“, sagt Ramin Mohammadi. Im Gegensatz zu handgeknüpften Teppichen, bei denen das Muster eingewebt wird, hat er sich ein spezielles Druckverfahren ausgedacht. Wie genau dieses funktioniert, möchte der Gründer zwar nicht verraten. Doch werden die Muster mithilfe eines speziellen Druckers einfach auf die Kunstfaserschicht gedruckt.
Während Ramin Mohammadi an diesem Nachmittag durch das riesige Teppichlager läuft, ruft er seinen Mitarbeitern immer wieder Wörter auf Persisch zu. „Wir sind hier multikulturell. Einige unserer 28 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kommen zum Beispiel aus Afghanistan und manche auch aus dem Iran.“ Da passe es gut, dass Ramin Mohammadi von seinen Eltern Persisch beigebracht bekommen habe und zumindest Paschtu, eine der afghanischen Amtssprachen, verstehe.
Um unabhängig zu bleiben, hat er sein Start-up ohne Investor aufgebaut. Das sei ihm wichtig gewesen. „Doch ohne die Beziehungen durch meinen Vater zu Akteuren in der Branche, hätte ich das niemals so schnell geschafft.“ Neben den Kontakten zu seinen Garnherstellern seien auch insbesondere die Ratschläge und Tipps vieler Akteure wichtig gewesen. Nur deshalb habe er es geschafft, sich das Teppichfertigen selbst beizubringen. „Ich saß hier sehr häufig bis tief in die Nacht und habe an einer Technik gefeilt.“
Angefangen mit einem Startkapital von 10.000 Euro hat sich Ramin Mohammadi zum Ziel gesetzt, Europas größter Händler für waschbare Teppiche zu werden. Vater Djavad hat sich mittlerweile mit dem Geschäft arrangiert: „Auch wenn es mir anfangs Bauchschmerzen bereitet hat, bin ich jetzt stolz.“ Inzwischen hat der 61-Jährige sogar selbst einen Teppich von Teppana in seiner Küche liegen. „Es ist einfach praktischer.“
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